«Kunst bildet ein Risiko»

Fotos: Ali Zigeli

Triggerwarnung, Debattenkultur, Innovation – und mittendrin die Künste. Der neue Podcast der ZHdK «Kunstlicht» beleuchtet gesellschaftsrelevante Themen aus Sicht der Kunstwelt. Das Moderationsduo Eva Pauline Bossow und Jörg Scheller begibt sich auf Spurensuche – und findet erstaunlich viel Harmonie.

LEA INGBER
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Lea Ingber: Ein Podcast über die Künste und die Gesellschaft – was hat euch dazu motiviert?
Jörg Scheller: Kunst und Gesellschaft führen keine harmonische Beziehung, sondern bilden ein Spannungsfeld. Solche Spannungsfelder interessieren mich. So heisst es oft, die Kunst solle der Gesellschaft etwas zurückgeben – als stünde erstere in der Schuld letzterer. Ich meine, wir dürfen selbstbewusst genug sein, um zu sagen: Die Gesellschaft soll der Kunst etwas zurückgeben!

Welche Themen beleuchtet ihr in «Kunstlicht»?
Eva Pauline Bossow: Wir greifen Themen auf, die einen gewissen Zeitgeist haben und bei denen die Künste direkt involviert sind oder zu denen sie einen spannenden Zugang haben. Wichtig ist uns, dass wir aus verschiedensten Disziplinen und Blickwinkeln «angreifen» können. Dadurch geht für die Zuhörer:innen ein Kosmos auf, der inspiriert, zum Weiterdenken und Näherkommen anregt.

Was ist euer Alleinstellungsmerkmal?
Jörg Scheller: Wir beide haben zwar unterschiedliche Backgrounds. Eva arbeitet in der Kreativwirtschaft und interessiert sich für Transfer, ich bin letztlich doch ein Kunstromantiker und verteidige die Kunstautonomie. Diese Konstellation könnte dazu einladen, wie in Talkshows dröge Pro-Contra-Debatten zu führen – doch genau die führen wir nicht.

Was wollt ihr den Zuhörenden vermitteln?
Eva Pauline Bossow: Was «die Künste» sind und tun – und wie sie die Welt ins Visier nehmen – das interessiert uns. Wir wollen das Publikum mit Kunstlicht dazu einladen, die unterschiedlichen Herangehensweisen, Mindsets und Methoden kennenzulernen – v.a. im Hinblick auf aktuelle Fragestellungen. Weil wir selbst leidenschaftliche Grenzgänger sind, sind wir uns bewusst, was es für den Brückenschlag braucht. Und freuen uns, wenn daraus eine Diskussion entsteht, die über den Podcast hinausgeht.

Jörg Scheller: Kunst vermittelt Zugänge zur Welt, die nicht so ohne weiteres formalisierbar, planbar, standardisierbar, domestizierbar sind. Deshalb bildet Kunst ein Risiko. In einer Zeit, in der sogar Diversity eine eigene DIN-Norm hat und «Streamlining» oder «Mainstreaming» positiv besetzt sind, ist das umso wichtiger.

auf Spotify oder ITunes
Eva Pauline Bossow kennt das Dreieck Kreativwirtschaft, öffentliche Kulturinstitutionen und Privatwirtschaft aus unterschiedlichen Positionen und ist heute als Beirätin und Beraterin aktiv. An der ZHdK war sie im Zurich Centre for Creative Economies sowie im Digitalrat tätig. Jörg Scheller ist Professor im Departement Fine Arts, unterrichtet Kunstgeschichte und ist leidenschaftlicher Bodybuilder und Heavy-Metal Musiker.
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