Wie navigieren wir die ZHdK durch die Energiekrise?

Verwaltungsdirektorin Claire E. Schnyder plädiert für freiwilliges Stromsparen. Fotos: Regula Bearth © ZHdK

Seit dem Sommer 2022 beschäftigt das Thema Energie die Verwaltungsdirektorin Claire E. Schnyder weitaus stärker als die Jahre zuvor. Gemeinsam mit der Task Force Energie der ZHdK beobachtet sie die Entwicklungen, wägt mögliche Risiken ab und entwickelt Szenarien für eine Mangellage. Welche Verantwortung die ZHdK beim Energiesparen trägt und in welchem Bereich Schnyder selbst das Energiesparen schwerfällt, verrät sie im Interview.

VON SYLVIA BATTEGAY
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Sylvia Battegay: Welche Auswirkungen hat die drohende Energiekrise für die ZHdK?
Claire E. Schnyder: Die ZHdK trägt als Grossverbraucherin beim Energiesparen eine besondere Verantwortung. Alles, was wir sparen, entspricht einer grossen Menge. Seit Spätsommer 2022 laufen Abklärungen, wie wir den Energieverbrauch sinnvoll reduzieren können, ohne dass Lehre und Forschung durch eine potenzielle Energiemangellage eingeschränkt werden. Hierzu haben wir die Task Force Energie gegründet. Eine Energiemangellage betrifft sehr viele verschiedene technische Bereiche und verlangt fundierte Expertise. Gerade die Gebäudetechnik ist ein komplexes Thema hier im Toni-Areal. Seit Herbst begegnen wir einer drohenden Energiekrise, indem wir zum freiwilligen Stromsparen aufrufen und abklären, welche stromsparenden Massnahmen wir künftig umsetzen könnten. Zudem müssen die meisten Massnahmen jetzt in die Wege geleitet werden, damit wir überhaupt in der Lage sein werden, diese innert kurzer Frist umzusetzen.

Welche Herausforderungen siehst du bei der Umsetzung einzelner Massnahmen?
Eine der grössten Herausforderungen ist, Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten und dabei gleichzeitig Strom zu sparen. Die hohe Luftaustauschrate in den Räumen ist zum Beispiel eine wichtige Schutzmassnahme gegen die Verbreitung von Viren, zugleich ist die Lüftung aber auch einer der grössten «Stromfresser». Hier müssen wir sehr genau abwägen, was wir tun – und ja, die Gesundheit geht dabei vor. Ausserdem sollen die Massnahmen Lehre und Forschung möglichst wenig einschränken. Die Bedürfnisse der verschiedenen Standorte und unterschiedlichen Anspruchsgruppen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Beurteilung von möglichen Stromsparmassnahmen. Für ein Internat, in dem über vierzig Kinder und Jugendliche leben, kann man natürlich nicht die gleichen Massstäbe ansetzen wie für Werkstätten oder Büro- und Unterrichtsräume.

Wärme aus der Müllverbrennung: Der Heizungsraum der ZHdK

Wo liegt das grösste Sparpotenzial?
Der Strom an der ZHdK fliesst hauptsächlich in die Beleuchtung sowie die Lüftung und Klimatisierung der Räume. Dies sind die Hauptkonsumenten unseres Stroms. Für das Toni-Areal ist die Umstellung der Leuchtmittel auf LED schon länger geplant, aber leider noch nicht erfolgt. Denkbar ist etwa, in der Nacht auf Notbeleuchtung umzustellen oder die Klimatisierung und die Lüftung nachts auf ein Minimum zu reduzieren. Das wird aber nicht überall möglich sein. Sowohl Museumsobjekte als auch Musikinstrumente sollten nicht zu grossen Temperaturschwankungen ausgesetzt werden. Es wird also schnell sehr spezifisch.

Arbeiten alle Hochschulen an ihrem eigenen Energieplan oder gibt es Synergien?
Ja, es gibt einen regelmässigen Erfahrungsaustausch – übrigens in der gleichen Gruppe wie während der Pandemie. Auf einer Metaebene verbindet uns, dass an allen Hochschulen gelernt, gelehrt, geforscht und verwaltet wird und alle extrem auf eine funktionierende IT angewiesen sind. Wir haben im Austausch gelernt zu akzeptieren, dass Hochschulen unterschiedliche Massnahmen ergreifen, um die Vorgaben umzusetzen. Dies hat oft sehr praktische Gründe. Ein Beispiel: Die ZHdK verfügt über vier Liegenschaften, die ZHAW über siebzig und die Universität Zürich über weit mehr als hundert. Die Ausgangslagen, um bestimmte Massnahmen umzusetzen, sind also komplett unterschiedlich – und doch sind alle an dieselben Sparvorgaben des Bundes und Kantons gebunden.

Was braucht es deiner Meinung nach auf organisatorischer und was auf gemeinschaftlicher Ebene, um eine drohende Energiekrise zu bewältigen?
Ich glaube, die organisatorische Ebene ist die einfachere. Da gibt es Systeme und Methoden, mithilfe deren sich die Bewältigung solcher Ereignisse vorbereiten lässt: In der Task Force Energie arbeiten wir in Szenarien, wir können die Wahrscheinlichkeit von Risiken sowie das zu erwartende Schadensausmass abschätzen. Wir können über die Monate hinweg abwägen, ob ihr Eintreten wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher wird. Was das Gemeinschaftliche anbelangt, müssen wir uns daran erinnern, was uns in der Pandemie geholfen hat. Wenn wir merken, dass nicht alles hundertprozentig funktioniert, dass sich Abläufe ein bisschen oder stark ändern, ist die Bereitschaft, das gemeinsam zu tragen, hilfreich. Es geht darum, Verständnis füreinander aufzubringen und darauf zu vertrauen, dass alle so gut wie möglich dazu beitragen, das Beste aus der Situation zu machen. Diese Flexibilität und dieses Vertrauen haben wir während der Pandemie in grossem Mass bewiesen. Das macht mich zuversichtlich, dass wir auch weitreichende Stromsparmassnahmen ähnlich gut verkraften würden.

Mal ganz privat: In welchen Bereichen fällt es dir leicht und in welchen etwas schwerer, Energie zu sparen?
Ich bin zum Glück kein „Gfrörli“, mir ist selten wirklich kalt. Die Temperatur muss schon richtig tief sein. 20 Grad sind für mich überhaupt kein Problem, im Gegenteil. Schwieriger ist es beim Duschen: Beim Haarewaschen mit kaltem Wasser hört der Spass auf …

Welche Art von Energieversorgung würdest du dir für die Zukunft an der ZHdK wünschen?
Wir sind gut aufgestellt, das muss man wirklich sagen. Mit dem «Toni» haben wir ein Gebäude nach Minergie-Standard. Unser Strom kommt mehrheitlich aus Wasserkraft und die Wärme aus der Müllverbrennung (Fernwärme). Natürlich kann man immer besser werden, aber das ist eine sehr gute Ausgangslage.

Dr. Sylvia Battegay (sylvia.battegay@zhdk.ch) ist PR-Managerin in der Hochschulkommunikation der ZHdK.
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