Das Herz gibt den Takt vor

Fotos: Regula Bearth © ZHdK

Denise Lampart hat ihr Leben dem Tanz gewidmet. Sie ist Tänzerin, Choreografin, Coachin, Lehrerin sowie Produzentin und besucht regelmässig Tanzaufführungen. Sie trägt den Tanz in ihrer DNA, unterrichtet mit Hingabe, Leidenschaft und Zielstrebigkeit.

VON BIANCA BAUER
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Denise Lampart unterrichtet Contemporary Dance an der ZHdK und geht dabei mit unterschiedlichsten Ansätzen auf ihre Studierenden zu, um sie auf eine nachhaltige Karriere vorzubereiten. Im Studio 7 auf der siebten Etage herrscht eine intime Atmosphäre. Licht strömt durch die zum Boden reichenden Fenster, die eine atemberaubende Sicht auf die Dächer Zürichs gewähren. Ein Pianist wartet vor seinem Flügel gespannt und doch geduldig auf den Unterrichtsbeginn. Hoch aufgerichtet steht Denise Lampart vor ihren Zweitjahresstudierenden. Eine Gruppe junger, ambitionierter, smarter und aufmerksamer Leute bewegt sich im Raum, sie stretchen und üben Plies. «Und los!», tönt es plötzlich durch den Raum. Die Studierenden nehmen rasch ihre Plätze ein, und noch bevor sie bereit sind, greift der Pianist in die Tasten und der Unterricht beginnt.

Für Denise Lampart ist Contemporary Dance studieren wie eine Sprache lernen. Man beginnt mit einzelnen Buchstaben, die aneinandergereiht Wörter ergeben. Die Wörter werden zu Sätzen verbunden und diese wiederum zu Szenen und Geschichten. Übt man lange genug, ist man in der Lage, mit diesen Elementen frei zu spielen. «Als Tänzer:in muss man flexibel sein. Was passiert genau, wenn ich meinen Fuss hierhin statt dorthin setze? Wie beeinflusst meine Wahl den Gesamtablauf? Man muss Veränderungen mit Neugierde und Freude begegnen.»

Sie bewegt sich zwischen den Tänzer:innen hindurch, bleibt vor einer Studentin stehen. «Wie bewegst du dich, Valentina? Wieso bewegst du dich nicht aus deiner Mitte heraus?» Sanft legt sie ihre Hand auf Valentinas Bauch. «Du bewegst dich von hier aus, die Kraft muss aber aus der Mitte kommen. Das ergibt eine andere Bewegung. Versuch’s nochmals. Habt ihr den Unterschied gesehen?», fragt sie in die Runde. «Gut, dann machen wir’s gleich noch einmal.»

Das Abkommen

Die Studierenden arbeiten sich durch ihre Übungen, während der Pianist ihnen einen Teppich aus verschiedensten Melodien und wechselnden Rhythmen auslegt. Gelegentlich verhaut er auch mal ein, zwei Töne. Und das mit Absicht, da Denise Lampart Wert darauf legt, dass ihre Studierenden auch mit Disharmonie konfrontiert werden. Ihr ist zwar bewusst, dass das verunsichern kann, sie hält es aber für notwendig, da dies immer auch eine Chance ist, Neues zu lernen. «Es ist nicht einfach, die Arbeit erschöpft physisch und mental. Ich möchte ihnen damit in einer vertrauten, sicheren Umgebung die Möglichkeit geben, ganz unbefangen zu wachsen. Es kann vorkommen, dass jemand den Raum mitten im Unterricht verlässt, weil es ihr oder ihm schlicht zu viel wird. Vielleicht hat der oder die Betreffende einen schlechten Tag und die Übungen geben ihr oder ihm noch den Rest. Aber das ist okay, das kommt vor. Wir sind alle Menschen – aber wir haben ein Abkommen miteinander: Man kann jederzeit gehen, aber man muss am Ende der Stunde zurückkommen, damit wir darüber sprechen können, was zum Verlassen des Raums geführt hat.»

Denise Lampart hat ihr Leben lang getanzt und weiss, was die Studierenden erwartet. Bevor sie ihre eigene Tanzkompagnie gründete, war sie eng in die Entwicklung des Schweizer Tanztheaters involviert. Ihr Solostück «Lung Mei», das sie mit Susanne Linke erarbeitet hat, ist nur ein Meilenstein in ihrer langjährigen erfolgreichen Karriere.

An die Stöcke!

Für den zweiten Teil der Lektion wird die Klasse geteilt. Die eine Gruppe steht am Rand des Raums und beobachtet ihre Kolleg:innen aufmerksam, während sich die andere im Raum verteilt, jede:r mit einem mitteldicken, langen Stock in der Hand. Die Mimik der Studierenden lässt darauf schliessen, dass sich ihre Liebe zur folgenden Übung in Grenzen hält. «Dong, dong, dong!» Der Pianist hat zur Djembe gewechselt. Laute, rhythmische Klänge füllen den Raum mit einer neuen Stimmung. Die angehenden Tänzer:innen beginnen sich langsam zu bewegen, ihren «Partner» im Arm führend. Gelegentlich hört man ein scharfes «Klack!» – einer der Stöcke ist «hingefallen». «Ich möchte, dass sie mit Holz arbeiten, um ein Gefühl für Texturen zu entwickeln. Und ein Gefühl für das Gegenüber, wie man es anfasst und sich mit ihm zusammen im Raum bewegt.» Die Lektion ist aus, die Studierenden sammeln ihre Schuhe ein und verlassen den Raum. Auch Denise Lampart verlässt das Studio – auf gehts zur nächsten Lektion!

BA Contemporary Dance
Bianca Bauer (bianca.bauer@zhdk.ch) ist Marketing-Managerin in der Hochschulkommunikation der ZHdK.
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