Fast forward: 2045

«Bloody Blues». Digital Images: 0ct0p0s «Common Sense»«Good Nerves»

Realität und Imagination, Euphorie und Dystopie, fliegende Autos und Avatare – die Zukunft hält so einiges bereit und fordert unser Vorstellungsvermögen heraus. In «Footnotes», einer Konferenz und Workshop-Reihe der School of Commons im Rahmen des Erasmus+-Forschungsprojekts «FAST45», wird die Zukunft der Kunsthochschulen neu gedacht, Festgefahrenes wird verlernt und es werden Visionen entwickelt. Auf Zeitreise mit Marea Hildebrand, Projektleiterin der School of Commons.

VON GIANNA BÄRTSCH
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Gianna Bärtsch: Was ist ein Future Jump?
Marea Hildebrand: Das ist ein gedanklicher Sprung in die Zukunft – dieser kann zehn, zwanzig oder fünfzig Jahre in die Zukunft reichen. Nehmen wir folgendes Beispiel: Wir landen im Jahr 2045 und versuchen uns aus dieser Perspektive heraus in die Gegenwart zurückzuversetzen. Wie werden wir in 23 Jahren lernen, lehren, arbeiten und forschen? Wie sieht die Rolle von Dozent:innen oder Student:innen aus, wie werden unsere Lernsettings, wie unsere Arbeitsumfelder gestaltet sein? Das Ziel eines Future Jump ist, zu imaginieren, draufloszudenken und sich darin nicht von den aktuellen Möglichkeiten einschränken zu lassen. Das ist die Ausgangslage der Konferenz und der Workshop-Reihe «Footnotes», die im Rahmen des Erasmus+-Projekts «FAST45, Future Art School Trends 2045» im Toni-Areal stattfinden. Die School of Commons organisiert den Event gemeinsam mit dem Künstlerinnenduo 0ct0p0s, bestehend aus Carina Erdmann und Steph Holl-Trieu.

Wie gelingt dieser Sprung in die Zukunft?
Alles beginnt damit, sich wirklich auf das Experiment einzulassen. Der schwierigste Teil ist, sich der eigenen blinden Flecken bewusst zu werden, heutige Strukturen hinter sich zu lassen und in mögliche Zukünfte einzutauchen. Die «Footnotes» werden Workshops und Konferenz sein. Live Action Role Play wird als Methode den Sprung in die Zukunft ermöglichen. Das Szenario wird von 0ct0p0s entwickelt. Die Teilnehmenden schlüpfen in fiktive Rollen. In diesen Rollen entwickeln und gestalten sie zukünftige Realitäten.

Das klingt aufregend, aber auch abstrakt. Was bedeutet das konkret und welchen Part spielen «Footnotes», also Fussnoten, darin?
Wir haben ein Narrativ kreiert. Die Geschichte ist simpel: Du befindest dich im Jahr 2045, hast eine Rolle an einer Hochschule, sitzt vor einem digitalen Screen und hast eine überwältigend lange To-do-Liste vor dir. Alles in deinem Leben findet nur noch online statt, der analoge Austausch hat ausgedient. Eine absolut dystopische Vorstellung! Dann erscheinen plötzlich Fussnoten auf deinem Bildschirm. Ein anonymes Individuum beginnt die Umstände im Jahr 2045 zu kritisieren und notiert: «Wann haben wir eigentlich den falschen Abzweiger genommen, dass wir heute in dieser Realität gelandet sind?» Und es stellt Fragen wie: «Wie müsste eine Hochschule bzw. das Lernen heute eigentlich aussehen?»

Also kritisches Hinterfragen von aktuellen Lernstrukturen und neugieriges Gestalten von neuen Lernumgebungen?
Genau. Es geht nicht darum, das «Jetzt» zu kritisieren oder abzuwerten, sondern darum, die Gegenwart aus der Zukunft zu betrachten und Stossrichtungen für wünschbare Zukünfte zu skizzieren. Ziel ist, mögliche neue Realitäten zu entwerfen. «Footnotes» ist das Herzstück des Erasmus+-Projekts «Fast45». Das Projekt entwickelt und erprobt neue Methoden, um Institutions of Higher Art Education zu befähigen, eine unbekannte Zukunft nicht nur zu antizipieren, sondern auch aktiv zu gestalten. Mit diesen imaginierten Zukünften wollen wir in den folgenden zwei Jahren Policies und Empfehlungen zuhanden der EU und der europäischen Kunsthochschulen entwickeln.

«Footnotes», 29. August bis 1. September 2022 Zürcher Hochschule der Künste, Pfingstweidstrasse 96, Zürich. Der Event ist für alle Interessierten offen. Anmeldeschluss: 1. August 2022 https://www.zhdk.ch/veranstaltung/47712
Marea Hildebrand (marea.hildebrand@zhdk.ch) ist Projektleiterin der School of Commons.
Gianna Bärtsch war Projektleiterin in der Hochschulkommunikation der ZHdK.
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