Weiterbildung ist ein Vertrauensgut

Bunte Vielfalt: „Wir sind die Schweizer Kunsthochschule mit dem breitesten Weiterbildungsangebot in den Künsten, im Design und in der Vermittlung“, so Regula Stibi, Leiterin des Zentrums Weiterbildung der ZHdK. Foto: Regula Bearth.

Persönlich, vielseitig, zukunftsfähig: Regula Stibi, Leiterin des Zentrums Weiterbildung, über die Besonderheiten des Weiterbildungsangebots der ZHdK, die Motivation, als Erwachsene:r an die Hochschule zurückzukehren, und aktuelle Trends.

VON YVONNE HACHEM

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Yvonne Hachem: Was zeichnet das Weiterbildungsangebot der ZHdK aus?
Regula Stibi: Wir sind die Schweizer Kunsthochschule mit dem breitesten Weiterbildungsangebot in den Künsten, im Design und in der Vermittlung. Gleichzeitig zeichnet uns aus, dass wir Interessierte persönlich beraten und anschliessend durch eine Weiterbildung begleiten können. Weiterbildung ist ein Vertrauensgut. Mit der Anmeldung begibt man sich ein Stück weit in unsere Hände, kann aber darauf zählen, dass wir die Bildungsziele sehr sorgfältig mit den uns zur Verfügung stehenden Angeboten individuell abstimmen.

Du leitest das Zentrum Weiterbildung seit 2016. Wie hat sich das Angebot seitdem entwickelt?
Die Weiterbildung ZHdK war in Bezug auf individualisierbare Studienverläufe schon gut aufgestellt, als ich die Leitung übernahm, und darauf konnte ich aufbauen. Heute ist es möglich, aus jeder Disziplin heraus an die ZHdK zu gelangen und sich vom niederschwelligen (Online-)Kurs über einen CAS (Certificate of Advanced Studies) bis hin zum MAS (Master of Advanced Studies) modular weiterzubilden. Viele  Weiterbildungsprogramme sind kombinierbar. Diese Flexibilität ist wichtig, gerade auch im Hinblick auf die hybriden Berufsfelder, für die wir ausbilden.

Was motiviert die Weiterbildungsteilnehmenden?
Je nach Berufsphase kann das unterschiedlich sein. Steht jemand ganz am Anfang der Berufstätigkeit, sind die Wünsche andere, als wenn jemand im Beruf bereits konsolidiert ist. Grob gesagt unterscheiden wir jedoch zwei Motivationen: Up-Skilling und Re-Skilling. Up-Skilling meint die Vertiefung, Erweiterung oder auch Ergänzung im angestammten Berufsfeld: Eine Musikerin bildet sich zusätzlich im Fach Dirigieren weiter, ein Grafiker erweitert sein Wissen im Bereich Branding. Re-Skilling hingegen bezeichnet den Umstand, dass jemand die angestammte Berufstätigkeit neu ausrichten möchte: Eine Kunstschaffende baut sich ein zweites Standbein in der Vermittlung auf, ein Künstler qualifiziert sich für eine Tätigkeit als Kurator. Vermehrt wenden sich auch Personen ohne künstlerische oder gestalterische Erstausbildung an uns. Sie interessieren sich für andere Herangehensweisen, die sie an einer Kunsthochschule vermuten. Deswegen kommen sie zu uns in die Weiterbildung.

Welchen Nutzen zieht man aus einer Weiterbildung?
Man erwirbt selbstverständlich neue Kompetenzen und Fähigkeiten, erweitert sein Wissen und seinen Handlungsspielraum. Gleichzeitig kommt es zu einem Rollenwechsel: Die Teilnehmenden begeben sich aus einer aktiven, handelnden Berufssituation in eine anspruchsvolle Lernsituation. In der Weiterbildung ist der Präsenzunterricht sehr dicht gestaltet, da die Anzahl der Kontaktstunden begrenzt ist. Dazu kommt, dass die Teilnehmenden plötzlich Teil einer Learning Community sind, die zwar heterogen zusammengesetzt ist, deren Mitglieder sich aber mit den gleichen Inhalten auseinandersetzen und ähnliche Interessen mitbringen. Häufig bleiben die Absolvent:innen über die Weiterbildung hinaus in Kontakt und tauschen sich weiter aus. Die Netzwerke, die sich hier bilden, sind wertvoll in Hinblick auf den Transfer des Gelernten in den Arbeitsalltag.

Welche Themen und Trends haben Einfluss auf das Angebot und die Konzeption von Weiterbildungen?
Es gibt die grossen Themen wie zum Beispiel die Digitalisierung, um die niemand herumkommt und die aktuell vor allem die Designweiterbildungen boomen lässt. Daneben beschäftigen uns Themen wie Ortsunabhängigkeit, die Alternativen zum Vor-Ort-Unterricht hervorbringt, oder heterogene Berufsprofile, die vielfältig sind und zu mehreren Standbeinen verhelfen. Es stellt sich die Frage: Wie können Personen, die in den Künsten ausgebildet sind, in anderen Berufsfeldern wirksam werden? Das Stichwort lautet «Collaborative Arts». Wir sollten uns damit beschäftigen, wie Kunstschaffende ihre Kompetenzen in soziale oder politische Kontexte einbringen können.

Die Weiterbildung der Zukunft: Wie könnte sie aussehen?
Man wird weniger zwischen Aus- und Weiterbildung unterscheiden. Lineare Bildungsketten werden durch ein – wie wir es nennen – Bildungsmakramee abgelöst. Portfoliolernen gewinnt an Bedeutung. Wir werden vermehrt nicht nur ECTS-Punkte, sondern auch informell erworbene Kompetenzen anschauen und berücksichtigen. Lernen und Lehre sollten über eine ganze Ausbildungsspanne gedacht werden. Mit diesem Aspekt beschäftigen wir uns im Zusammenhang mit dem neuen Major-Minor-Modell der ZHdK: Beide Stufen, Lehre und Weiterbildung, können von einer höheren Durchlässigkeit profitieren. Solchen Überlegungen trägt die ZHdK Rechnung, indem Lehre und Weiterbildung seit Anfang 2022 in einer Organisationseinheit vereint sind. Was weiterhin wichtig bleibt? Der persönliche Kontakt, der unmittelbare Austausch, das direkte Feedback und – trotz vielfältiger digitaler Möglichkeiten – der physische Ort.

Regula Stibi (regula.stibi@zhdk.ch) ist Leiterin des Zentrums Weiterbildung der ZHdK und leitet seit 2022 gemeinsam mit Wanja Kröger die Geschäftsstelle des Dossiers Learning und Teaching. Sie hat Klavier studiert, einen Zweitmaster in Musikvermittlung/ Konzertpädagogik absolviert und war an verschiedenen beruflichen Stationen im Weiterbildungsbereich tätig.
Yvonne Hachem (yvonne.hachem@zhdk.ch) ist Mitarbeiterin Kommunikation und Redaktorin am Zentrum Weiterbildung der ZHdK.

 

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