Soul, Vibes und prägende Erinnerungen

David Virelles’ Musik ist eine Fusion afrikanischer, amerikanischer, afrokaribischer und westeuropäischer Einflüsse. Foto: José Silva.

Jazzdozent David Virelles über Musik ohne Labels

David Virelles ist ein weltweit gefragter Pianist und Komponist und unterrichtet seit diesem Jahr Jazzpiano an der ZHdK. Wir haben den kubanischen Musiker gefragt, wie er seine eigene Musik umschreiben würde und wie er den kreativen Nerv seiner Studierenden stimulieren möchte.

VON LEA INGBER

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Lea Ingber: Wie würdest du deine Musik umschreiben?
David Virelles: Mein musikalischer Hintergrund ist sehr vielfältig. Meine Eltern sind beide Musiker. Mein Vater ist ein «Trova»-Musiker und meine Mutter hat Flöte in einem Sinfonieorchester gespielt. Und wenn du in Santiago de Cuba aufwächst, kommst du um Musik in all ihren Ausformungen sowieso nicht rum. Musik ist ein Produkt deiner Geschichte, deiner Kultur und der soziopolitischen Gegebenheiten. Ich habe sowohl Musik für Solopiano, Pianotrios, Synthesizer, Sampler, Orchester und traditionelle Perkussion geschrieben als auch in interdisziplinären Projekten gearbeitet. Labels sind nicht mein Ding.

Deine Arbeiten sind entsprechend vielfältig. Kannst du uns eines deiner Projekte etwas näher vorstellen?
Nehmen wir «Gnosis», ein Stück über die Verschmelzung von Kulturen und Traditionen: Es stellt die komplexe Verwobenheit der kubanischen Musik ins Zentrum – ihre rituell-sakrale Komponente ebenso wie die säkulare. Streicher, Bläser und Perkussion interagieren in «Gnosis» wie ein grosser Familienverbund und stehen symbolisch für den multikulturellen Austausch.

Du bist ein bekannter Künstler. Was genau macht einen Musiker speziell?
Grundsätzlich ist es wichtig, dass man sich selbst, also ehrlich und integer ist. Meine Musik baut auf meiner Herkunft und meinen persönlichen Erlebnissen auf. Wenn du als Künstler in der Lage bist, dies in deine Musik einfliessen zu lassen, schaffst du unweigerlich etwas sehr Persönliches und Intimes. Ich hoffe, dass mein Publikum meine Arbeit aus einer langfristigen Perspektive betrachtet, was das Gegenteil der jetzigen kulturellen Stimmung ist. Zentral sind für mich Ehrlichkeit und das Streben nach Vollendung.

Was willst du deinen Studierenden mit deiner Musik mitgeben?
Ich möchte sie dazu motivieren, konsequent sich selbst zu sein und ihre kreative Seite kompromisslos auszuleben. Für mich stehen der Toni-Campus und was hier erarbeitet wird genau dafür. Das hat mich dazu motiviert, hierherzukommen und daran mitzuarbeiten, junge Menschen aus verschiedenen Kulturen zu bestärken, über Kunst und Kultur positiven Einfluss auf gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen zu nehmen.

David Virelles (david.virellesgonzalez@zhdk.ch) unterrichtet Jazzpiano an der ZHdK. Er hat in Kuba Piano studiert und am Humber College in Toronto abgeschlossen. Danach studierte er Komposition bei Henry Threadgill in New York. Er ist ein seit Jahren weltweit gefragter Komponist und Pianist.
Lea Ingber (lea.ingber@zhdk.ch) ist Projektleiterin in der Hochschulkommunikation der ZHdK.
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