
Gross oder klein, klassisches Renaissancestück oder moderne Interpretation – die Blockflöte ist vielseitiger als ihr Ruf. Foto: Regula Bearth © ZHdK
Lieblingsstück
VON ANDREAS BÖHLEN
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Blockflöte spielen ist einfach, und das ist wunderbar und furchtbar zugleich. Man bläst hinein, und schon ist ein Ton da. Anders als beispielsweise Rohrblattinstrumente wie die Klarinette reagiert die Blockflöte sehr direkt auf Luftschwankungen. So verrät das Instrument auf unverblümte Art sehr viel über den Spielenden. Wer Blockflöte spielt, kann sich nicht verstecken. Das Instrument vermittelt starke Emotionen, und es erstaunt deshalb nicht, dass die Blockflöte symbolisch sowohl mit Liebe als auch Tod assoziiert wird. Letzteres zum Beispiel in der Kantate «Actus Tragicus» von Johann Sebastian Bach.
Ob aus Elfenbein oder Sperrholz, in Säulenform oder vierkantig an Ikea erinnernd, 30 Zentimeter oder 2,5 Meter lang: Verzaubern können alle Modelle. Die frühesten Funde von Blockflöten gehen auf das 14. Jahrhundert zurück, wobei wir aber annehmen, dass es schon viel früher Blockflöten gegeben hat. Als goldenes Zeitalter der Blockflöte gilt das 16. Jahrhundert. Ausgehend von Venedig, verbreitete sich das Instrument in ganz Europa und wurde teuer gehandelt. Der englische König Heinrich VIII. soll 72 Blockflöten in seinem Besitz gehabt und jeden Tag auf ihnen gespielt haben.
In der Neuzeit erlebt die Blockflöte eine Renaissance. Seit Ende des 20. Jahrhunderts wird sie wieder stärker wahrgenommen und in Aufführungen eingebunden. Das hat sie wohl vor allem ihrer Assoziation mit Liebe und Tod zu verdanken. Denn wer mit solch elementaren und tragischen Themen in Verbindung gebracht wird, stirbt nicht aus.