Thonet B9

Thonet B9

Der Anfang einer besonderen Liebesgeschichte: der Thonet B9 der Gebrüder Thonet GmbH, 1927, Designsammlung, Museum für
Gestaltung Zürich.

Lieblingsstück

VON BRUNO MONGUZZI

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Den Thonet B9 entdeckte ich im ersten Band des von Girsberger publizierten Werks über Le Corbusier. Mir fiel sofort auf, wie perfekt er in das Haus passte, das Le Corbusier 1923 in Paris für den Kunstsammler Raoul La Roche und die Familie Jeanneret entworfen hatte, und ebenso zur Ausstattung der Häuser in der innovativen Siedlung Frugès in Pessac (1925). Der visionäre Industrielle Frugès hatte Le Corbusier mit einer Cité Jardin für seine Arbeiter beauftragt und ihn aufgefordert, dabei seine Theorien zu einer radikalen wirtschaftlichen und baulichen Reform des Wohnens in die Praxis umzusetzen. Wenige Seiten später stiess ich, immer noch im selben Buch, erneut auf die essenzielle Geometrie dieses überraschenden Thonet, diesmal in den Räumen des Pavillon de l’Esprit Nouveau, den Le Corbusier und Pierre Jeanneret im selben Jahr für die «Internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst und Kunstgewerbe» in Paris konzipiert hatten.
Dann, 1961 in Mailand im Studio Boggeri, bekam ich ihn endlich real zu Gesicht. In seiner zeitlosen Schönheit. Antonio Boggeri hatte seiner Tochter Anna diesen wunderbaren Stuhl geschenkt. Und in ihrer Schönheit begleiten mich Anna und ihr B9 seit mittlerweile fünfzig Jahren.

In dieser Rubrik stellen ZHdK-Angehörige und Gäste besondere Dinge aus dem Alltag an einer Kunsthochschule vor. Weitere Lieblingsstücke finden sich auf: zett.zhdk.ch/lieblingsstueck
Der Tessiner Grafiker Bruno Monguzzi stellt seine persönlichen Lieblingsstücke aus der umfangreichen Museumssammlung mit über 500 000 Objekten vor: von anonymen Artefakten bis zu Arbeiten grosser Meister, die ihn während der eigenen Ausbildung geprägt haben. Monguzzis eigene Kulturplakate sind parallel dazu in der Eingangshalle des Toni-Areals zu sehen.
MyCollection: Bruno Monguzzi
23. Oktober 2020 – 14. Februar 2021
Museum für Gestaltung Zürich, Toni-Areal, Zürich
Dienstag–Sonntag 10–17 Uhr, Mittwoch 10–20 Uhr
www.museum-gestaltung.ch
Nach einer Ausbildung zum Grafikdesigner an der École des Arts Décoratifs in Genf und verschiedenen Kursen in Typografie, Fotografie und  Wahrnehmungspsychologie in London arbeitete Bruno Monguzzi viele Jahre im renommierten Mailänder Studio Boggeri, wo er auch seine spätere Ehefrau Anna kennenlernte, die Tochter Antonio Boggeris.
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