
Virtuelles Filmschaffen: Am Previsualisation Table können technisch aufwendige Filmprojekte noch vor dem Dreh vorvisualisiert werden. Foto: Betty Fleck © ZHdK
Lieblingsstück
VON FABIENNE KOCH
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Ein Mann tritt aus dem Dunkeln, torkelt auf die Rampe des Toni-Areals, wo ein Auto quietschend bremst. Plötzlich wird das Auto wie von Geisterhand vom Boden gerissen und verschwindet. «Noch einmal», murmelt Norbert Kottmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Departement Darstellende Künste und Film, und bewegt ein Plastikobjekt über den Tisch. Auf dem Bildschirm daneben tut es das Auto dem Plastikobjekt gleich.
Was an ein digitales Legospiel erinnert, ist in Wirklichkeit virtuelles Filmschaffen am Previsualisation Table. «Master- und Bachelorstudierende können damit noch vor dem Dreh technisch aufwendige Filmprojekte vorvisualisieren», erklärt Kottmann, der an der Weiterentwicklung des Previsualisation Table im Immersive Arts Space der ZHdK beteiligt ist. Denn den Tisch gibt es noch nicht auf dem Markt. Er ist Teil einer Forschungszusammenarbeit zwischen der ZHdK, der Stockholm University of the Arts und dem Royale Institute of Technology, Stockholm.
Um die Location für den Einsatz am Previsualisation Table genau abzubilden, wird sie im Vorfeld gescannt. Die Software Reality Capture erschafft dazu aus Hunderten von Fotos ein dreidimensionales Abbild der Location. Die Figuren und Requisiten werden von Plastikobjekten mit daran befestigten reflektierenden Kugeln dargestellt. Bewegt man sie, erfassen sechs Infrarotkameras ihre Position, und ihr virtuelles Ebenbild bewegt sich in Echtzeit auf dem Bildschirm.
Das eigentliche Herzstück ist aber die virtuelle Kamera. Auch sie liegt auf dem Tisch als Plastikobjekt bereit. «Die Kameraleute können sich schon im Vorfeld ausmalen, was an der Location möglich ist und was nicht», so Kottmann. Ein gewaltiger Fortschritt gegenüber der Zeit, als man das Filmmaterial erst Tage nach dem Dreh erstmals anschauen konnte. Noch vor dem Dreh kann die Filmcrew gemeinsam Lichter setzen, Objekte platzieren und sogar Szenen vorschneiden. Nur real umsetzen muss man den Film dann doch noch.