Spiel und Poesie

Chaos: Der Ursprung, der Keim der Schöpfung; eine Gruppe Studierender, international, vielfältig, hybride, die nicht essenzialisierende Dialektik zwischen Ost und West. Zufall: Wer hätte ahnen können, dass ein Foto mit der leichtesten Berührung ein so unerwartetes Licht, einen so originellen Blickwinkel, einen derartigen Pinselstrich von Textur auf Textur einfangen kann? Kreuzung: Wir wollten an Dichotomien vorbeigehen, von der Mitte aus arbeiten, wo sich das Selbst kreuzt und verschwimmt. Kristall: Ein Filter kann uns helfen, besser zu sehen – eine kreative Antwort auf eine kreative Technologie, ein Mittel, das aus einem tatsächlich sinnvollen Mittel gezogen wird.

Der kreative Umgang mit Technologie

VON JESSICA SEQUEIRA UND JÖRG STERNAGEL

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Wie bringt uns Technologie auf Ideen, die wir mit einer Applikation weiterdenken oder gar übernehmen, statt sie zu verwerfen? Finden wir über das Spiel Zugang zu einer neuen Art von Denken? Um welche Art von Denken geht es dabei, und wo könnte dieses Denken stattfinden? Wie können kreative Antworten auf Technologie aussehen? Können unsere eigenen Erfahrungen zu einem Ursprung werden, der es uns erlaubt, Philosophie zu betreiben? Mit anderen Worten: Inwieweit ist «Tun» eine Form des «Wissens»? Wir sind daran interessiert, zu erforschen, wie performative Philosophie das In-der-Welt-Sein nicht als zeitlose Essenz behandeln kann, sondern als einen Prozess des fortlaufenden Handelns, in dem epistemologische Modelle der Technologie als Ausgangspunkt dienen und dennoch neue Formen annehmen, die wir selbst initiieren, um die Beziehungen zur Natur, zu sensorischem Wissen und zu den Sinnen der Existenz zu überdenken. Ein poetischer Ansatz, der fast schon ein Spiel ist, lässt sich auf verschiedene Experimente ein: das Erzählen von Erfahrungen, das Finden von Beispielen, das Reflektieren von Konzepten und Ausdrücken, das Ausspielen abstrakter Ideen, das Einbeziehen nicht westlicher Traditionen der Philosophie und das Berücksichtigen des Funktionalen und des Dysfunktionalen.

Unser LEARN (Learning Environment and Research Nucleus) im Rahmen des Studierendenprojekts School of Commons hat sich auf die Suche nach Antworten auf diese Fragen begeben und poetische Ansätze für unser technologisches Zeitalter erarbeitet, die offen sind für spielerische Reflexionen, eingefangen in Polaroids. Lassen wir diese für sich selbst «sprechen».

Jessica Sequeira promoviert am Centre of Latin American Studies an der Universität Cambridge; sie ist auch als Schriftstellerin und Übersetzerin tätig. Zu ihren Werken gehören der Roman «A Furious Oyster» (Dostoyevsky Wannabe), die Erzählsammlung «Rhombus and Oval» (What Books) und die Essaysammlung «Other Paradises: Poetic Approaches to Thinking in a Technological Age» (Zero Books). www.jessicasequeira.wordpress.com

Jörg Sternagel (joerg.sternagel@zhdk.ch) ist seit 2016 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Theorie der Zürcher Hochschule der Künste. Er vertritt seit dem Wintersemester 2018/2019 die Professur für Medientheorie an der University of Applied Sciences Europe, Campus Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind Theorien der Alterität und des Performativen, Bildlichkeit und Medialität sowie Philosophie der Existenz. Zu seinen jüngsten Veröffentlichungen gehören die Monografie «Pathos des Leibes. Phänomenologie ästhetischer Praxis» (Zürich/Berlin 2016) und die mitherausgegebene Sammlung «Gegenstände unserer Kindheit. Denkerinnen und Denker über ihr liebstes Objekt» (Paderborn 2019). www.joerg-sternagel.de

Yris Apsit, Matthias Bernhardt, Joanne Ho, Shabnam Khan, Iswar Parida, Jayanti Sahoo, Andri Schatz, Simon Schwyzer
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