
Norbert war viele Jahre in der Aidshilfe aktiv, gründete Hospize, begleitete drei Generationen Freunde in den Tod und war dabei selbst über 30 Jahre HIV-positiv. Foto: Buchprojekt «Archipel» © Philip Frowein
Das Buch «Archipel» lädt Betrachter und Betrachterinnen auf eine Abenteuerreise ein: In Bild und Text suchen Fotograf und ZHdK-Absolvent Philip Frowein und Autor André Körner nach dem Aussergewöhnlichen in alltäglichen Lebensgeschichten und zeigen, wo die Sehnsucht nach dem richtigen Leben hinführen kann. Philip Frowein erzählt von der Reise.
VON ANDREA ZELLER
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Andrea Zeller: Wo startete die Abenteuerreise für dich und André?
Philip Frowein: «Archipel» begann im besten Sinne des Wortes als Schnapsidee. André ist der Cousin eines guten Freundes, wir kannten uns zwar schon lange, aber nicht besonders gut. Eines Abends in Berlin kam die Frage auf, was man jetzt eigentlich so macht mit seinem Leben. Ich hatte kurz zuvor mein Bachelorstudium abgeschlossen, André seine Doktorarbeit in Theaterwissenschaft eingereicht. Da entstand die Idee zu einem gemeinsamen Projekt. Im August 2015 starteten wir damit.
Ein Aidskranker in seinen letzten Lebenswochen, ein Ehepaar mit einem Wildgehege für verletzte Tiere – wie habt ihr die Geschichten ausgewählt?
Wir wollten ein Abenteuerbuch schaffen mit Abenteuern jenseits von Klischees – nicht der Marlboro-Mann im Sonnenuntergang, sondern das Faszinierende in scheinbar banalen Lebensgeschichten. Jeder Mensch, jede Geschichte ist eine Insel. Wir teilen uns durch unsere Kultur einen gemeinsamen Horizont und bilden einen Archipel, ein Neben- und Miteinander. Drei, vier Menschen standen zu Beginn fest. Durch zufällige Begegnungen stiessen wir auf weitere Geschichten und fügten neue Inseln in unseren Archipel.
Was hast du während der Arbeit für «Archipel» über die Sehnsucht gelernt?
In jedem Lebensweg steckt ein gewisser Anteil Sehnsucht – nach dem Unbekannten oder der Vorstellung, wie man gerne leben würde. Ich war überrascht, wie unterschiedlich ausgerichtet Sehnsucht sein kann: Beim Unternehmensberater ist es die Sehnsucht nach Status und Erfolg, bei Norbert, der nur noch wenige Woche zu leben hat, die Sehnsucht nach einem schnellen Tod.
Steckt hinter deiner fotografischen Arbeit auch eine Sehnsucht?
Sehnsucht ist einerseits ein Antrieb für neue Projekte – ich gehe einer vagen Vorstellung nach, die sich im Laufe der Arbeit konkretisiert und auf Bildern zeigt. Andererseits ist die Fotokamera meine Eintrittskarte in soziale Räume, die nicht meine eigenen sind. So gehe ich dem Wunsch nach einem besseren Verständnis der Welt nach.