Regisseur Luca Guadagnino über Inspiration, Ausbildung und Erfolg
Sein Liebesfilm «Call Me By Your Name» wurde viermal für einen Oscar nominiert. Trotzdem mag Regisseur Luca Guadagnino nicht von einem Erfolg sprechen. Im Remake «Suspiria» arbeitet der Italiener bereits zum vierten Mal mit der Schauspielerin Tilda Swinton zusammen. Seine Muse ist aber jemand anderes. Im Rahmen einer Masterclass lernten Studierende der ZHdK die Arbeitsweise des Autodidakten kennen.
VON LEA DAHINDEN
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Luca Guadagnino während der Masterclass mit Studierenden der ZHdK im November 2018. Foto: Johannes Dietschi
Wie wichtig ist eine Ausbildung für Filmschaffende?
Es hängt davon ab, wie der Begriff Ausbildung definiert wird. Bestimmt eine Institution alle Inhalte, Regeln und Rahmenbedingungen? Oder bezeichnet er eine individuelle Entwicklung der eigenen Fähigkeiten? Ich habe mir das Filmemachen selbst beigebracht. Eine Filmschule habe ich nie besucht, und ich habe auch nie an Filmschulen geglaubt. Die zwei Tage, die ich hier an der ZHdK verbracht habe, haben mir aber gezeigt, dass diese ein guter Ort ist, um Menschen zusammenzubringen und sich selber weiterzuentwickeln.
Hätten Sie sich hier beworben, wenn Sie die ZHdK gekannt hätten?
Als ich jung war, lernte ich den grossartigen Regisseur Jean-Marie Straub kennen. Er sagte mir, ich solle nie auf eine Filmschule gehen, und das war genau, was ich dann auch tat. Wahrscheinlich hätte ich mich hier nicht beworben, weil ich nicht glaube, dass eine Hochschule für jemanden wie mich das Richtige ist.
«Call Me By Your Name» wurde 2018 unter anderem für einen Oscar in der Kategorie «Bester Film» nominiert. Wie gehen Sie mit Erfolg um?
Ich weiss nicht, ob das bedeutet, dass ich erfolgreich bin. Vielleicht bedeutet es, dass der Film, den ich gemacht habe, viel Interesse geweckt hat. Die Nominierung bedeutete für mich vor allem viel Arbeit.
Sie haben einmal gesagt: «Ich bin alt genug, um auf dem Boden zu bleiben und Situationen richtig einordnen zu können.» Kann Erfolg für junge Filmemacher zum Problem werden?
Auf jeden Fall! Ich denke, Erfolg ist ein sehr, sehr ernstes Problem für junge Filmschaffende und für Filmschaffende ganz allgemein. Erfolg darf nie das eigene Leben bestimmen! Bestimme selbst über dein Leben und dein Schaffen, und lass dir nicht von anderen sagen, du seist erfolgreich oder eben nicht!
Braucht die Filmwelt mehr Musen?
Nein! Eine Muse ist eine passive Figur, die zum Objekt gemacht wird und meist Männer inspirieren soll. Ich glaube nicht an Musen. Ich bin meine eigene Muse.
Wie wichtig ist es als Regisseur, verschiedene Genres zu beherrschen?
Nun, der Begriff des Genres ist nicht besonders spezifisch. Ich denke, es geht mehr darum, was und wie man es sagen will. Wenn man dann gezielt mit dem Genre spielen will, ist es nur eine Frage der Herangehensweise, dass es gelingt.
Was war für Sie zu Beginn Ihrer Karriere das bestimmende Thema?
Zu Beginn meiner Karriere setzte ich mich unter grossen Druck, weil ich dachte, dass ich als Regisseur alles wissen müsse. Ich habe im Laufe meiner Karriere aber gelernt, dass das nicht stimmt. Es ist viel besser, nicht alles zu wissen und sich von Ideen leiten zu lassen.