Anna Laura Klucker kommt aus dem Dorf Tamins in der Nähe von Chur und schliesst diesen Sommer ihr Studium an der Zürcher Hochschule der Künste ab. Ihre gestalterische Arbeit verbindet Tradition und Trend. Eine Geschichte von ISABELLE VLOEMANS.
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Die Familie einer jungen Studentin aus dem Bündnerland übernimmt ein altes Haus. Das Haus hat einer Handarbeitslehrerin gehört. Die Studentin findet im neuen alten Familienhaus haufenweise verstaubte Musterbücher zum Bündner Kreuzstich. Von ihrer Mutter, die ebenfalls Handarbeitslehrerin ist, hat sie das Nähen schon früh gelernt. Fasziniert vertieft sie sich in die alten Bücher und entdeckt darin reichlich Material für ihre Bachelor-Arbeit an der Zürcher Hochschule der Künste. Sie beginnt die traditionellen Muster zu zerlegen und zu remixen und entscheidet sich, diese nicht zu sticken, sondern sie mit dem Schneidplotter und sogenannter Flockfolie auf von ihr entworfene Kleider aus Tüll aufzutragen.
Tattoo-Spitzenoptik ist in
Die Studentin heisst Anna Laura Klucker und aus ihrer Bachelor-Arbeit an der ZHdK ist das Label «yuli» entstanden. Mit «Elly» präsentiert sie eine Kollektion von vier Teilen, die sich zu einem festlichen Kleid kombinieren lassen, die aber auch einzeln getragen werden können. Zwei davon, Bluse und Top, sind in der Tattoo-Spitzenoptik gehalten, die aus dem von Anna Laura entwickelten Verfahren resultiert. «Diese Optik ist momentan total in», sagt die junge Gestalterin, die die ZHdK mit dem Bachelor Art Education abgeschlossen hat. Das Kleid Elly als Gesamtes setzt nicht nur der als Stickkönigin bekannten Churerin Elly Koch ein Denkmal, sondern ist auch eine Reverenz an die Bündner Festtagstracht. Eine solche hat die junge Modedesignerin von ihrer Grossmutter geerbt – und mit Staunen festgestellt, wie schwierig die mehrteilige Tracht anzuziehen ist, aber auch wie im besten Sinne angezogen man sich darin fühlt. «Elly» macht es ihrer Trägerin da etwas einfacher, kleidet sie aber ebenso gut.
Zur Hochzeit oder zur Jeans
Für welche Gelegenheiten kaufen Kundinnen in Anna Laura Kluckers Atelier in Tamins ein? «Neulich zum Beispiel für einen Opernbesuch in Paris. Eine Braut durfte ich bis jetzt noch nicht einkleiden, würde dies aber sehr gerne tun», erzählt sie. Sie selbst kombiniert die schicken Oberteile auch einfach mal zur Jeans und trägt sie im Alltag.
Was kommt als Nächstes? Die traditionsverliebte Gestalterin muss nicht lange überlegen: «Kürzlich ist mein Grossvater verstorben. Als wir sein Haus räumten, sind wir auf Stapel alter Leintücher mit aufwendigen Spitzeneinsätzen gestossen. Diese Leintücher, die so lange im Schrank gelegen haben, will ich wieder zu etwas Lebendigem machen.»