Das Jahresthema des Departements Musik der ZHdK lautet 2017/18 schlicht «Musikstadt Zürich». Eine öffentliche Ringvorlesung führt ein in die Musikgeschichte der Stadt. Am Schluss werden die musikalischen Schauplätze auf einem Spaziergang erkundet, und so fügen sich Familie Wagner, Grossmünster, politisches Chanson und vieles mehr zu einem klingenden Stück lokaler Kulturgeschichte.
VON DOMINIK SACKMANN
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Wer heute das Toni-Areal betritt und belebt, spürt kaum das spezifisch Zürcherische, und doch ist die ZHdK ohne Verankerung in der Geschichte und Kultur Zürichs nicht denkbar. Die neunteilige Ringvorlesung ist eine Art Spaziergang zu den einzelnen Stationen dieser Vergangenheit; denn nur aus dem Verständnis des kulturellen Umfelds und dessen Herkunft lassen sich die Eigenarten des heutigen Departments Musik und der ZHdK insgesamt begreifen. Darum richtet sich diese Ringvorlesung nicht nur an ZHdK-Musikerinnen und -Musiker, sondern an alle Designer und Kunstschaffenden und -interessierten, die Lokales und Globales zusammendenken. Gerade in Zeiten wachsender Internationalisierung ist es wichtig, dass Studierende und Dozierende, von wo auch immer, sich über ihren gemeinsamen gesellschaftlichen – und das heisst auch geografischen und geschichtlichen – Standort verständigen.
Nike Wagner über das Zürich ihres Urgrossvaters
Renommierte jüngere und ältere Referentinnen und Referenten helfen bei dieser Orientierung jeweils an einem Montagabend im Monat im Toni-Areal. Zu ihnen zählen die Literaturwissenschaftlerin Hildegard Keller (auch bekannt aus dem «Literaturclub» des Schweizer Fernsehens), der exquisite Zürichkenner Joseph Jung und Nike Wagner, die Urenkelin Richard Wagners. Dass die ZHdK selbst mit Daniel Fueter, Edith Stocker und Nik Bärtsch über ausgewiesene Expertinnen und Experten für musikalische Zürcher Spezialthemen verfügt, ist kein Wunder. Zudem sind die Reformationsforscher Emidio Campi, früher Professor an der Universität Zürich, und Miriam Roner von der Universität Bern zu Gast.
Einflussreiche Männer
Gilt Zürich heute vor allem als weltoffener Ort der Banken und der Technologien, gingen früher eher künstlerische und geschichtsträchtige Impulse von der Kleinstadt an der Limmat aus. Hier entstand mit dem «Codex Manesse» eine Hauptquelle mittelalterlicher deutschsprachiger Literatur. Von hier und von Huldrych Zwingli gingen vor 500 Jahren wesentliche Denkanstösse für die religiösen Wandlungen in Europa aus, und hier setzte sich vor 200 Jahren Hans Georg Nägeli für die allgemeine Verbreitung musikalischer Kunst ein. Auch vom raschen Wachstum der Stadt und von den wegweisenden Entwicklungen im 19. Jahrhundert, der Zeit Richard Wagners, Gottfried Kellers und Alfred Eschers, muss man etwas wissen, um das Aussehen und die Atmosphäre des heutigen Zürich zu verstehen. Zudem sollen zwei musikalische Zürcher Spezialitäten aus dem letzten Jahrhundert aufgetischt werden: Zürich zwischen den Weltkriegen als Hochburg des politischen Chansons und Zürich als Ort innovativer Rhythmikausbildung. Im Verlauf der Ringvorlesung werden diese Themen bunt durcheinandergemischt. Den Anfang macht Nik Bärtsch am 9. Oktober 2017 mit einem vielschichtigen Porträt der – zum Teil verborgenen – Jazzstadt Zürich.
Zum Abschluss ermöglicht am 7. Mai 2018 ein gemeinsamer Spaziergang durch die Stadt Begegnungen mit den Orten aller Handlungen: vom Grossmünster Zwinglis über die Wohnungen Richard Wagners bis hin zu den kaum sichtbar in Erscheinung tretenden Spielstätten von Kabarett und Jazz in Zürich.
Montag, 9. Oktober, 18 Uhr (weitere Daten bis Mai 2018 siehe Link)
Toni-Areal, Hörsaal 1, Ebene 3, Pfingstweidstrasse 96, Zürich
Vollständiges Programm
Eintritt frei